Hm, streng genommen stimmt, dass man abnimmt, wenn man weniger Kalorien zu sich nimmt, als man verbraucht.
Das kann auf ganz unterschiedliche Weise passieren.
Ja, wir leben in einer Überflussgesellschaft, in der fast jeder ständig Zugriff auf hochkalorische Lebensmittel hat und ja, oft isst man aus anderen Gründen als Hunger, bspw. aus Stress, Langeweile, Appetit. Oft sind auch Lebensmittel extra so gestaltet, dass man deutlich mehr davon essen soll, als gesund wäre (bspw. Chips).
Insofern ist "Psyche" oder "Willenskraft" als Grund viel zu kurz gegriffen.
Menschen haben auch unterschiedliche körperliche (Stoffwechsel) Voraussetzungen. Während der eine einfach keine Süßigkeiten oder ähnliche Snacks mag und am liebsten Wasser trinkt, schmeckt dem anderen Wasser nicht und er hat Heißhunger auf Süßes, Fastfood, trinkt am liebsten Limonaden. Damit fällt ihm das Abnehmen deutlich schwerer als dem Erstgenannten.
Dazu kommen noch Menschen, die Spaß am Sport/ Bewegung haben und andere, denen das vielleicht durch die Schule vermiest wurde und die Sport nur mit Quälerei verbinden.
Also, wenn man unterkalorisch isst, nimmt man ab.
Für einige ist es einfach, unterkalorisch zu essen, sie fühlen sich sogar besser dadurch, weil sie stolz auf ihre Leistung sind oder ihnen schmeckt einfach "gesundes" Essen auch besser.
Für andere ist es schwieriger. Die brauchen eine viel höhere Energie, um das durchzuziehen. Sie sind also gerade dann NICHT faul!
Es gibt auch Stoffwechselstörungen, bei denen man Heißhunger auf bestimmte LM bekommt. Da kämpft man also viel extremer gegen den eigenen Körper, als jemand, der mäßig gern Limonaden trinkt, aber auch Wasser mag und jetzt einfach mal die Limonaden für 4 Wochen weglässt. Heißhunger ist halt wirklich wie extremer Hunger. Den meisten Menschen würde es schwer fallen, nichts zu essen, wenn sie extremen Hunger hätten und von leckeren Speisen umgeben wären.
Insofern kann man den Betroffenen nicht vorwerfen, sie wären nur willensschwach oder das Problem sein "rein psychisch" im Sinne von "reiß dich halt einfach zusammen, dann klappt es schon".
Dazu kommen dann seltene Fälle, bei denen jemand stark abnimmt und man es nicht sieht. Das ging einem Verwandten von mir so - starkes Untergewicht, weil er sich einfach angewöhnt hatte, extrem wenig zu essen und nicht mehr "reinbekam" - aber kleiner Bauchansatz. Vom Bauch her hätte man gesagt, er hat evtl. 10 kg zu viel. Tatsächlich hatte er gut 15 kg zu wenig. Bei ihm war es bspw. so, dass er jahrelang täglich mindestens 2 L Bier getrunken hatte und dadurch schon gesättigt war und dann extrem kleine Portionen aß, die andere maximal als Vorspeise definiert hätten. Dazu irgendwann auch nur noch eine Mahlzeit am Tag. Als er dann im Alter das Bier wegließ, war für ihn aber durch jahrelange Gewohnheit eine normale Portion immer noch in Vorspeisengröße. Und der Körper gewöhnte sich dann daran, dass es nicht mehr gab und war danach satt. Parallel aß er oft viele Süßigkeiten, was offenbar trotzdem nichts an dem Untergewicht änderte.
Man sieht also, das Problem kann sehr komplex sein und meist weiß man gar nicht, welche Faktoren im Stoffwechsel den Hunger, Appetit, das Abnehmen beeinflussen.
Mein Bruder hatte bspw. Downsyndrom und erst sehr spät erfuhr ich mal, dass eine spezifische Stoffwechselstörung damit einher geht, bei der man Heißhunger auf Fette hat. Er ließ oft das Brot liegen, aß aber zeitweise Butter esslöffelweise pur. Damals hat das keiner verstanden und jedem anderen wäre davon schlecht geworden. Es war aber nicht nur eine Sache der Psyche, weil sein spezieller Stoffwechsel diesen Heißhunger auslöste.
Wir sind evolutionär immer noch eher für eine Welt des Mangels gemacht, für Dürrezeiten, Lebensmittelknappheit, saisonale Verfügbarkeit bestimmter Lebensmittel, geringe Verfügbarkeit von Fetten und teils Proteinen. Nicht für Supermärkte und Industrienahrung mit zig Geschmacksverstärkern und Zusätzen, die es so in der Natur nicht gibt, mit Farbstoffen, künstlichen Geruchsstoffen, Lebensmitteln, die bewusst so hergestellt werden, dass man mehr davon essen möchte, als gut für einen sind.
Du kannst bestimmt 2 Tüten Chips essen, wenn du Hunger hast, und bist noch nicht satt, hast aber extrem viele Kalorien zu dir genommen. Hättest du die gleichen Kalorien in Form von Gemüseeintopf zu dir genommen, wärest du schon lange satt gewesen. Auf solche "Tricks" sind wir physiologisch nicht bzw. schlecht vorbereitet, und psychisch schon mal gar nicht.
Man kann sich allerdings konditionieren, nur noch Wasser zu trinken, keine Süßigkeiten, kein Fastfood etc. mehr zu essen und das zu mögen. Die Konditionierung dauert aber lang und ist hart und geht nur auf freiwilliger Basis, sonst würden viele Menschen einen extremen Mangel und Heißhunger verspüren und die Essensänderung wäre nicht dauerhaft.