Ist man als Antizionist für die Auflösung Israels?

4 Antworten

Es gibt zwei Schulen des Zionismus. Die von Herzl und die von Ascher Ginsberg aka Ha‘am

Die Gegensätze zwischen Herzl und Achad Ha´am lassen sich verkürzt auf folgenden Nenner bringen: Herzl wollte einen Judenstaat, Achad Ha´am einen jüdischen Staat. Beide stimmten überein, dass dies kein religiöser Staat werden sollte, aber während Achad Ha´am eine neubelebte hebräische Kultur als Zentrum der neuen jüdischen Gesellschaft anstrebte, ging es Herzl um die Rettung der Juden vor physischer Bedrohung. Wollte Herzl die Juden retten, so zielte Achad Ha´am auf die Rettung des Judentums. Für ihn bedeutete Herzls Plan Assimilation auf kollektiver Grundlage. Während für Herzl das Scheitern der Assimilation die größte Enttäuschung darstellte, lag für Achad Ha´am im möglichen Erfolg der Assimilation und der dadurch bedingten Auflösungstendenzen des Judentums die entscheidende Gefahr. Die Juden würden einen Staat wie alle anderen Nationen errichten. Quelle

Dann gab und gibt es natürlich noch solche Juden, die von diesen Ideen so gar nichts hielten oder halten:

Er hatte gehofft, dass jüdische Philanthropen wie der in Paris lebende Maurice de Hirsch, der für die verfolgten osteuropäischen Juden mit seiner "Jewish Colonization Association" landwirtschaftliche Ansiedlungen in Südamerika erworben hatte oder die Rothschilds, die ähnliche Projekte in Palästina finanzierten, seine Ideen unterstützen würden. Doch distanzierten diese sich von Anfang an von seinem politischen Vorhaben. Die beiden jüdischen Herausgeber seiner Zeitung, der Neuen Freien Presse, weigerten sich, über seine Pläne zu berichten, und der Wiener Oberrabbiner Max Güdemann publizierte eine Schrift gegen Herzls Zionismus.
Der Widerstand der Rabbiner wurde noch deutlicher, als Herzl seinen ersten Zionistenkongress im Sommer 1897 in München plante. Die Rabbiner lehnten ein solches Treffen ebenso wie die Israelitische Kultusgemeinde München ab, da sie darin zum einen die messianischen Pläne untergraben sahen, denen zufolge erst der Messias den Judenstaat wieder errichten kann, zum anderen aber ihren Status als deutsche Staatsbürger jüdischen Glaubens gefährdet sahen. Quelle
Viele sind ja Antizionisten seit dem Beginn des Krieges,

Eher gibt es solche, die es schon immer sind, siehe oben. Weil sie der Meinung sind, dass nur der Messias den Judenstaat errichten kann und solche, denen es einfach nicht so bewusst war, was geschichtlich dazu geführt hat.

und ich frage mich, ob man als Antizionist eigentlich nach der kompletten Auslöschung des Staates Israel strebt

Nein, das muss so nicht sein. Es gibt ja rein theoretisch viele Möglichkeiten. Es gibt ja auch viele Juden und auch orthodoxe, die sich gegen den Staat Israel positionieren.

Hier zum Beispiel:

Wir dürfen keinen eigenen Staat haben. So steht es in der heiligen Thorah. Da heißt es, wir sollen loyal gegenüber den Völkern sein, wir dürfen nicht gegen sie kämpfen. Und wir müssen auf den Staat warten, bis der Messias kommt. Es ist eine Sünde, ein Land mit Gewalt zu erobern. Wenn der Allmächtige es uns geben will, braucht er dafür weder unsere Panzer, noch unsere Flugzeuge. Er wird es uns auf friedliche Art und Weise geben. Es ist in der heiligen Thorah beschrieben, wie das geschehen wird. Und alle Völker der Welt werden diese Sache fördern." Quelle
oder einem gemeinsamen jüdischen-palästinensischen Staat.

Auch da gibt es wieder verschiedene Ansätze und Denkschulen siehe oben.

Es ist also keinesfalls so, dass Antizionismus bedeutet, dass man gegen einen Staat Israel ist. Es kann vor allem auch nicht antisemitisch sein, da es eben auch Juden gibt, die Israel kritisch sehen.

Es ist alles grau, nicht schwarz/weiß. Und hauptsächlich ist es ein Thema, das Juden beschäftigen muss.

Antizionismus ist Bestandteil des Antisemitismus, denn es geht gegen Israels hauptsächliche Bewohner, die Juden.


Ramon6134  15.05.2024, 14:15

Nein. Antizionismus richtet sich nur gegen Israel an sich und nicht gegen die Juden

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Charedi  15.05.2024, 14:23
@Ramon6134

Würden also nur die IS in Israel leben und regieren, dann würde nach deinem Gedankengang der Wunsch der Israel Vernichtung dennoch Existenz bleiben?

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Ramon6134  15.05.2024, 14:27
@Charedi

Nein, da es dann ein ganz anderer Staat wäre. Um es genauer zu formulieren: Antizionismus richtet sich gegen den Staat der Juden, aber nicht gegen die Juden selbst

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GoriIIa  15.05.2024, 15:29
@Ramon6134

Nichts "Nein". Der Zionismus ist eng verwurzelt mit der jüdischen Religion. Beides kann man nicht voneinander trennen. Der Zionismus ist die Manifestation dieses Glaubens.

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henrikr127 
Fragesteller
 15.05.2024, 14:26

Es gibt aber auch Juden, die Antizionisten sind.

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Charedi  15.05.2024, 14:27
@henrikr127

Das ist leider korrekt. Die bekannteste Gruppe: Naturei Charta.

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Antizionismus kommt in vielen verschiedenen Arten und ist nicht klar definiert, von religiöser bis politische Perspektive.

Die Gemeinsamkeit aller antizionistischen Bewegungen ist die Ablehnung des Staates Israel.

Das Ende des Staates Israel bedeutet nicht unbedingt die Auslöschung der Bürger, Bewohner oder Juden -- aber sehr oft gehen antizionistische und antisemitische Denkweisen schon Hand in Hand und viele Antisemiten sind auch antizionistisch und sehr viele Antizionisten auch antisemitisch.

Die Terrororganisation Hamas zum Beispiel möchte Israel auslöschen und am liebsten auch alle Juden ermorden und als Volk auslöschen. Genau deswegen ist der israelische Krieg gegen die Hamas auch gerechtfertigt.

oder einem gemeinsamen jüdischen-palästinensischen Staat

Nein, das wäre nicht antizionistisch im engeren Sinne des Wortes. Solche Bestrebungen sind ja aber aktuell auch nicht relevant.

Da die Protokolle der Weisen von Zion nichts als eine rechtsextreme Verschwörungstheorie sind, welche längst als Lüge entlarvt wurden, ist man dann in erster Linie mal ein rechtsextremer Antisemit.