"Oldschool" Fotografie besser als modern?

6 Antworten

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Also zunächst mal war analoge Fotografie nie wirklich weg, weshalb man das auch nicht wirklich als reine "Modeerscheinung" abtun kann. Nach der Einführung der Digitalkameras haben viele professionelle Fotografen an analoger Fotografie festgehalten, weil diese der Digitalfotografie bspw. in Dynamikumfang und Auflösung weit überlegen war. Das hat sich inzwischen geändert. Dennoch halten sowohl Profis als auch viele Amateure noch immer an analoger Fotografie fest. Ja ... es gab mit der Lomo einen Hype um analoge Fotografie. Aber das ist eben nicht alles.

Ich selbst fotografiere zu 90% analog. Warum? Erstmal muss ich nicht hunderte Bilder am Tag machen, von denen der weitaus größte Teil entweder gleich gelöscht wird oder nur auf der Festplatte herumliegt. Ja ... dafür muss man sich aber vorher überlegen, was man tatsächlich auf welche Art aufnehmen möchte. Man muss sich etwas Zeit nehmen, Filter sogar vorher und nicht danach anwenden und genau wissen, was man da eigentlich tut. Wer das nicht kann oder möchte, braucht für das gleiche Ergebnis nun mal hunderte Bilder und die entsprechende Nachbearbeitung.

Bildqualität ist für mich ebenfalls ein Kriterium. Es geht nicht einfach um einen "Retro-Look", den man auch am Rechner mit den entsprechenden Filtern erzeugen kann. Ja ... für Farbbilder kann man das schon recht gut machen. In der Schwarz-Weiß Fotografie passt das nicht wirklich. Zudem liefert gerade das Mittelformat mit Negativgrößen zwischen 4,5x6 cm und 6x9 cm eine schönere Tiefe als ein 24x36 mm großer Sensor.

Technik ist für mich ebenfalls ein Argument für analoge Fotografie. Ich weiß ... Technik wird häufig eher als Vorteil der Digitalfotografie gesehen. Wer ohne technische Helferlein nicht auskommt oder es einfach bequem mag, ist natürlich darauf angewiesen. Und ja ... es ist schon interessant, was moderne Digitalkameras können. Aber wirklich spannend finde ich eher analoge Kameras. Analog kann man aus komplett unterschiedlichen Kameras frei wählen. Es gibt die kleine vollautomatische Kompaktknipse ... für mich eher unspannend. Es gibt aber auch gerade aus der späteren Zeit Kameras wie die Canon EOS 3, die sich äußerlich und vom Funktionsumfang her wenig von Digitalkameras unterscheiden. Man kann aber genauso komplett mechanische Kameras verwenden, wenn man mit den Grundlagen von Fotografie wie Blende, Zeit, Empfindlichkeit und Fokus wirklich umgehen kann. Es gibt SLR's, die zweiäugigen TLR's und Sucherkameras mit und ohne Messsucher. Rein technisch war die analoge Zeit viel interessanter.

Für mich ist Handwerk ebenfalls ein Argument. Dabei geht es gar nicht nur um die Aufnahme, sondern auch im das Drumherum. Ich entwickle meine Filme immer selbst, mache hin und wieder auch meine Abzüge selbst. Das macht nicht nur Spaß ... man entwickelt auch ein ganz anderes Verhältnis zu seinen Bildern.

Ich könnte noch eine Weile weitermachen, aber das mag dann vermutlich niemand lesen. Man kann nicht sagen, was besser oder schlechter ist. Darauf läuft die Diskussion analog vs. digital ja meistens hinaus. Der gravierende Unterschied ist, dass analoge Fotografie zum bewussten Fotografieren zwingt. Man muss sich eben etwas auskennen und viel lernen. Aber bewusst kann man durchaus auch digital fotografieren, indem man nicht permanent den Finger auf dem Auslöser hat und auf die Automatik auch mal verzichtet. Wenn man das lernt, wird man auch als Fotograf besser.

PS: Ich habe einen Mac und fotografiere analog. Aber ich bin definitiv kein Hipster! ;-)

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung

Wootbuerger 
Fragesteller
 15.05.2024, 13:24

danke für die ausführliche antwort!

jetzt sagst du ja dass du zu 90% analog fotografierst und das weitaus mehr können und erfahrung erfordert als digital.

macht man sich damit nicht eigentlich das leben unnötig schwer? :D
was ich so aus den verschiedenen antworten entnehmen kann gibts ja FAST keinen grund mehr analog zu fotografieren ausser vielleicht persönliche vorlieben.

wie sieht das denn bei der bildqualität aus?
bei filmkameras ist ja alt z.b. nicht unbedingt schlechter.
kann man sagen dass analoge fotografie noch qualität liefert an die eine spiegelreflexkamera nicht wirklich rankommt?

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Fravofotodesign  15.05.2024, 14:15
@Wootbuerger

Zumindest kann man das Bild nicht gleich kontrollieren und ggf. gleich ein neues machen. Zu viele Versuche je Motiv bleiben auch nicht, weil der Film ansonsten schnell voll ist. Man muss sich also schon relativ sicher sein, dass man das Richtige tut. Bei älteren Kameras fehlt dann auch mal der Autofokus oder eine Voll- oder Halb-Automatik. Daher erfordert das schon etwas mehr Erfahrung.

Qualitätsunterschiede sind definitiv da. Gerade wenn man einen Ausdruck eines reinen Digitalbildes mit einem klassischen Abzug vergleicht. Denn auch wenn die digitale Auflösung recht hoch ist, steht da noch immer ein quadratisches Pixel gegen ein unregelmäßiges Korn. Natürlich sieht man das nicht direkt, die Anmutung ist aber eine andere. Es wirkt deutlich natürlicher. Erst recht, wenn man analog im Mittelformat fotografiert.

Macht man sich das Leben unnötig schwer? Ja ... man kann natürlich auch den leichten Weg gehen. Das kann jeder für sich selbst entscheiden. Ich mag jedoch alte Kameras und die Vielfalt dahinter deutlich lieber. Und was Gefühl, einen selbstbelichteten Film nach der Schlusswässerung zum Trocknen aufzuhängen und zum ersten Mal die Bilder zu sehen, ist sowie viel schöner, als dem Rechner beim Import in Lightroom zuzuschauen.

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Fraganti  15.05.2024, 20:44
@Wootbuerger

Für Fotografie macht es doch gar keinen Unterschied, wie das Bild aufgezeichnet wird.

Entweder man kann fotografieren oder nicht. Wenn man es nicht kann, mag das Fotografieren schwer erscheinen. Das ist wie mit dem Kochen. Kann man es nicht, drückt man auf das Programm der Mikrowelle und bekommt irgendein Fertiggericht warm.

Wenn man fotografieren kann, benutzt man den Vollautomatikmodus der Digitalkamera auch nicht mehr und du weißt sofort, was zu tun ist, wenn man dir irgendeine alte Kamera in die Hand drückt, auch wenn du so etwas noch nie in der Hand hattest. Die Grundlagen der Fotografie haben sich nie geändert.

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najadann  15.05.2024, 21:49
@Fravofotodesign
Zu viele Versuche je Motiv bleiben auch nicht, weil der Film ansonsten schnell voll ist

Quatsch, noch nie Filme gewechselt?

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Wootbuerger 
Fragesteller
 15.05.2024, 22:09
@Fraganti

naja aber das ist ja das was ich mich frage.
wenn es im grunde egal ist wie das foto gemacht wird, wozu dann analog?
also wenn ein profi mit ner modernen kamera arbeitet und alle hiflsmittel ausschaltet machts keinen unterschied was man in der hand hält?

dann macht mans sich ja absichtlich schwerer obwohls nicht sein müsste, einfach nur aus gründen der nostalgie. :D

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Fraganti  16.05.2024, 08:10
@Wootbuerger

Das Problem ist, dass ich mir nicht sicher bin, ob du nicht verstehen kannst oder nicht verstehen willst.

So oder so scheine ich an dir vorbei zu kommunizieren.

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Wootbuerger 
Fragesteller
 16.05.2024, 13:19
@Fraganti

ich hab in meiner frage geschrieben dass ich ein laie bin und mich absolut nicht auskenne.
was meinst du denn warum ich frage?
schade dass du gleich so pampig wirst, wenn dir das zu blöd ist. ;-)

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Fraganti  16.05.2024, 19:31
@Wootbuerger

Das hat doch nichts mit Laie oder "Profi" zu tun.

Es ist nicht schwerer analog zu fotografieren.

Da deine Annahme in dem Punkt nicht stimmt, macht der ganze Einwand keinen Sinn.

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najadann  15.05.2024, 19:48
Erstmal muss ich nicht hunderte Bilder am Tag machen,

Das verhält sich eigentlich genau umgekehrt. Der Analogfotograf muss unzählige Bilder schiessen weil er keine Kontrolle durchführen kann.

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Fravofotodesign  15.05.2024, 19:55
@najadann

Nein, das muss er nicht. Würde auch gar nicht gut klappen, weil der Kleinbildfilm nur 36 Bilder hat. Beim 120er sind es sogar nur 8-16. Man kann tatsächlich auch ohne Monitor gute Fotos machen.

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najadann  15.05.2024, 21:40
@Fravofotodesign
Man kann tatsächlich auch ohne Monitor gute Fotos machen

Klar, es spielt aber mehr der Zufall mit und es wird kostspieliger.
Suchst du nach dem perfekten Bild, kommst du an Digital nicht vorbei.

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Fravofotodesign  15.05.2024, 23:00
@najadann

Zufall oder Können. Wenn das alles so stimmen würde … wie konnten dann Leute wie Helmut Newton großartige Fotos machen? Alles nur Zufall?

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najadann  16.05.2024, 08:39
@Fravofotodesign

Du vergleichst dich mit Newton?
Newton hatte ein grosses Team zur Seite, Testfotos wurden mit Polaroids realisiert. Am Shooting selber werden unzählige Fotos in unzähligen Variationen gemacht, für schliesslich das eine Bild, wovon du so beeindruckt bist. Alle anderen Fotos werden nie veröffentlicht.

Im Digitalbereich hat man die volle Kontrolle, alles ist viel präziser und einfacher geworden. Welcher Profi-Fotograf will auf kostensparende Präzision verzichten? Keiner. Analogfotografen findet man unter Sammler und Knipser.

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Fravofotodesign  16.05.2024, 08:44
@najadann

Nein, natürlich tue ich das nicht! Newton wäre auch nur ein Beispiel. Deine pauschale Aussage, dass gute analoge Fotos nur Zufallstreffer sind, halte ich einfach für mindestens extrem gewagt. Dann hätte jeder gute Fotograf aus dem letzten Jahrhundert einfach nur sehr viel Glück gehabt.

Aber gut ... ist Deine Meinung. Wenn Dir bei Shootings die Kontrolle über den Monitor wichtig ist, ist das doch absolut okay. Ich kann das sogar nachvollziehen.

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najadann  16.05.2024, 08:56
@Fravofotodesign
dass gute analoge Fotos nur Zufallstreffer sind

Das war so nie meine Aussage. Man hofft auf mehr gute Zufallstreffer. Analogfotografie birgt mehr Risiken auf Verluste, mehr Arbeit, ist kostspieliger, Umweltbelastender, man verzichtet auf optimale Technik und Qualität, ist nicht Zeitgemäss, (z.B. für Pressefotografen geradezu unmöglich) und man verschenkt Kontrollmöglichkeiten. Das ergibt eigentlich alles keinen Sinn.

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Das ist absolut ein Hipster-Ding. Wenn du wirklich ernsthaft fotografieren willst, ist digital einfach besser. Du kannst tausende Fotos aufnehmen, du hast direktes Feedback, weil du direkt das Bild auf dem Display siehst und reinzoomen kannst, du kannst die Bilder direkt aus der Speicherkarte auf deinen Rechner ziehen (und ja, auch Mac ist ein Hipster Ding), geht super schnell, zack, kannst du die Bilder nachbearbeiten, farbkorrigieren, retuschieren usw ...

Und jetz versetz dich mal 30 Jahre zurück, wo du gerade mal 30 Bilder pro Film schießen kannst, 2 Wochen auf Feedback warten kannst, ob die Bilder überhaupt etwas geworden sind, weil du den Film erst zur Entwicklung bringen musst, und du dann auch noch jedes einzelne Foto erst mühselig einscannen musst, wenn du es nachbearbeiten willst, wobei du auch jedes einzelne Mal Qualitätsverluste hast.

Ich hab damals im Studium noch analog fotografieren müssen. Ich hab meine Bilder in der Dunkelkammer entwickelt. Ist mal eine Erfahrung. Aber das brauch ich nicht in meinem Alltag.

Da kann ich ja auch gleich meine Waschmaschine entsorgen und mitm Waschbrett runter an den Fluss gehen ... aber wenn man da seine Freude dran hat, wenn das "das eigene Leben entschleunigt", bitte, soll jeder machen, was er will, was ihm oder ihr gut tut. Mich jedenfalls würd es total nerven.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung

Das lässt sich nicht pauschalisieren.

Mittlerweile fährt die Hipster Szene vor allem auf alte, crappy Digitalkameras ab.

die alten Methoden tatsächlich immer noch am Besten sind

"am Besten" nicht unbedingt...
Es ist vor allem anders, nicht zuletzt auch ein anderes arbeiten. Man hat nur wenige Fotos, jeder Druck auf den Auslöser nimmt einem eine Aufnahme von der "Gesamtmenge", man sieht das Foto nicht sofort nachdem man es gemacht hat..
Das heisst man muss ganz einfach viel konzentrierter arbeiten, kann nicht einfach drauf los knipsen und zig Fotos machen weil da dann schon irgendwas dabei sein wird

ist das so ein Hipster-Ding

Nein, das nicht unbedingt. Vor allem nicht wenn du bedenkst, dass es vor allem auch sehr viele professionelle Fotografen sind die gerne wieder analog fotografieren.

Und warum fragst du dich? Weil sie es können!

Drück einfach mal irgend einem Sony-Knipser eine alte analoge Kamera in die Hand, wenn er nicht ohnehin schon beim Einlegen des Films scheitert, dann spätestens beim Aufnehmen der Fotos.
Die analoge Fotografie trennt halt die Spreu vom Weizen.

Ausserdem gibt es eben auch der Fotografie eine ganz anderer Wertigkeit, nicht nur weil tatsächlich jedes einzelne Bild tatsächlich Geld kostet sondern weil man sich auch viel mehr damit beschäftigen muss, man nur wenige Aufnahmen macht wovon dann eben jede einzelne wichtiger ist statt einfach einer großen Masse an unbedeutenden digitalen Aufnahmen

Vor allem ist das analoge Fotografieren sehr teuer. Mit dem Film, mit der Entwicklung und den Abzügen kommst Du gerne einmal auf 40 Euro. Und das bei einem Kleinbildfilm mit 36 Fotos.

Moderne digitale Spiegelreflexkameras und Systemkameras haben heute ein Niveau erreicht, damit kann analog einfach nicht mehr mithalten. Das einzige was bei analog wirklich noch gut ist, die hammermäßige Qualität der Abzüge..

LA


Linuxaffiner  15.05.2024, 13:28

Ich bin in der glücklichen Situation meine uralten analogen Objektive an der Digitalkamera weiter verwenden zu können. So bekommt so manche Aufnahme noch einen gewissen analogen Flair..

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