Meinung des Tages: Sollte der Familiennachzug erleichtert werden?

Die Flucht vor Terror, Krieg, Verfolgung und Armut. Seit der Machtübernahme der Taliban in Afghanistan fliehen viele Menschen – über ein Aufnahmeprogramm sollte besonders gefährdeten Menschen die Einreise nach Deutschland zugesagt werden. Doch es scheitert nicht selten an der Bürokratie.

Die Geschichte von Mohammed

Mohammed ist einer dieser betroffenen Menschen. Früher hat er in einer Firma gearbeitet, die eine Zusammenarbeit mit den Taliban verweigert hat. Er hat Bilder von sich, die ihn als schwer verletzten Mann zeigen. Vor der Firma explodierte damals eine Autobombe – bis heute werde er verfolgt, sagt er.

Inzwischen lebt Mohammed in Kassel, seine neunjährige Tochter allerdings musste er in Kabul zurücklassen. Bei der Flucht nach dem Anschlag, so sagt er, konnte er ihr nicht genügend Sicherheit bieten – aber nun möchte er sie endlich zu sich nach Kassel holen.

Das Aufnahmeprogramm

Hessen, Thüringen, Berlin und Bremen haben für Menschen wie Mohammed nach der Machtübernahme der Taliban ein Aufnahmeprogramm aufgelegt. So sollten nach Hessen beispielsweise bis Ende 2023 1.000 Menschen kommen dürfen.

780 Anträge wurden gestellt, doch nur 177 bewilligt. Insgesamt wurden also von den Behörden 591 Anträge abgelehnt. Mehr als 40 Prozent (277) der Ablehnungen beruhen auf fehlenden Unterlagen.

Bisher sind gerade einmal 49 Menschen eingereist.

Massive bürokratische Hürden

Elisa Cardillo ist die Flüchtlingshelferin, die Mohammed unterstützt. Beispielsweise wenn es darum geht, die entsprechenden Anträge auszufüllen. Trotz ihrer Expertise brauchten sie allein für das erste Antragsformular 2,5 Stunden. Ihre Meinung dazu ist klar: Selbst betroffene Personen können diesen Akt der Bürokratie gar nicht alleine schaffen. Es wundert sie nicht, dass so viele Anträge aufgrund von Unvollständigkeit abgelehnt wurden.

Was noch dazu kommt: Wird ein Antrag als unvollständig deklariert, so beträgt die Standardfrist für die Nachreichung der fehlenden Dokumente genau drei Tage.

Diese Zeit reicht meistens nicht aus, um eine Meldebescheinigung und das Familienbuch aus Afghanistan zu besorgen.

Auch das Jugendamt darf mitreden, sollte die „dauerhafte Fürsorge und Aufnahme der Minderjährigen ggf. als nicht vollständig gesichert“ erscheinen.

Um alle Voraussetzungen zu erfüllen, zog Mohammed in eine große Drei-Zimmer-Wohnung um. Diese finanziert er selbst, arbeitet dafür in mehreren Jobs. Doch ein Besuchstermin musste dennoch vereinbart werden.

Seit Januar liegt inzwischen die Vorabzustimmung des Regierungspräsidiums in Gießen vor. Der Einreise von Mohammeds Tochter würde also theoretisch nichts im Wege stehen – doch ihr Vater muss seitdem auf einen Termin der deutschen Botschaft im Iran warten. Denn dort soll seine Tochter in seine Obhut übergeben werden. Die Wartezeiten für solche Termine können immens sein.

In der Zwischenzeit sind Kinder wie Mohammeds Töchter der ständigen Gefahr von Entführungen oder anderen Gräueltaten ausgesetzt. Selbstverständlich leiden auch betroffene Elternteile wie Mohammed psychisch sehr unter der Ungewissheit und den langen Wartezeiten. Da die Mutter seiner Tochter bereits kurz nach der Geburt verstarb, lebt seine Tochter aktuell mit ihrem Großeltern, Tante, Onkel und Cousine in einem Zimmer mit der Größe von 40 Quadratmeter. Besonders gefährlich für sie: Eine Geheimpolizei sucht explizit nach Menschen, mit denen Afghanen im Exil erpresst werden können – wie beispielsweise Mohammed.

Unsere Fragen an Euch: Wie schätzt Ihr diese bürokratische Situation aktuell ein? Sollte der Familiennachzug in solchen Situationen erleichtert werden? Oder sollte der Familiennachzug generell weniger kompliziert ablaufen? Muss es für explizit für gefährdete Kinder eine unbürokratischere Lösung geben? Wo müsste (noch) mehr eingegriffen werden, um traumatisierte Menschen besser unterstützen zu können?

Wir freuen uns auf Eure Antworten und wünschen Euch ein erholsames Wochenende.

Viele Grüße

Euer gutefrage Team

Quellen:

https://www.tagesschau.de/inland/innenpolitik/familiennachzug-gefluechtete-buerokratie-mittendrin-100.html

https://www.tagesschau.de/inland/innenpolitik/afghanistan-aufnahmeprogramm-bilanz-100.htm

Bild zu Frage
Islam, Familie, Angst, Sicherheit, Krieg, Deutschland, Christentum, Terror, Afghanistan, Familiennachzug, Flucht, Flüchtlinge, Gefangenschaft, Glaube, Jugendamt, Kabul, Migration, Muslime, Taliban, Terrorismus, Verfolgung, Erziehungsberechtigte, Flüchtlingspolitik, Migrationspolitik, Sonderregelung, Taliban-Afghanistan, Meinung des Tages
Meinung des Tages: Das Oberverwaltungsgericht Münster bestätigt: Der Verfassungsschutz hat die AfD zu Recht als rechtsextremistischen Verdachtsfall eingestuft?

Fast zwei Monate dauerte die Verhandlung, in der es darum ging, ob die AfD tatsächlich als rechtsextremer Verdachtsfall eingestuft werden darf. Das Urteil ist eine Niederlage für die AfD, die mit der Berufungsklage gegen das Urteil der Vorinstanz somit gescheitert ist. Eine Revision ist nicht zugelassen.

Die Kategorien zur Einstufung

Es gibt drei Stufen zur Einordnung möglicher Fälle verfassungsfeindlicher Bestrebungen.

Die erste Stufe ist das Anlegen eines Prüffalls. Geprüft wird hier, ob es genügend Anhaltspunkte gibt, um eine Beobachtung durchzuführen. Zu diesem Zeitpunkt darf der Verfassungsschutz dann nur Informationen aus offen zugänglichen Quellen sammeln. Dazu gehören beispielsweise Zeitungsartikel, Internetauftritte oder auch Fernsehbeiträge.

Wenn aus diesem ersten Schritt die Erkenntnis gewonnen wird, dass es Anhaltspunkte für eine verfassungsfeindliche Bestrebung gibt, wird der Fall hochgestuft zum „Verdachtsfall“. Die betreffende Gruppierung zählt nun als „Beobachtungsobjekt“.

Die letzte Stufe nennt sich „gesichert extremistische Bestrebung“. Der Verdacht ist zu diesem Zeitpunkt verfestigt, es gibt keinen Zweifel mehr, dass extremistische Bestrebungen vorliegen.

Folgen der Einstufungen

Durch eine Einstufung wird eine Gruppierung nicht verboten. Es handelt sich lediglich um eine Maßnahme des Verfassungsschutzes. Vereinsverbote kann nur das Bundesinnenministerium aussprechen.

Konkret bedeutet das in diesem Fall, dass das Gericht dem Verfassungsschutz Recht gegeben hat. Die Einstufung war zulässig und der Verfassungsschutz hat korrekt gehandelt. Es ist möglich, dass sie sich durch das Urteil bestärkt sehen, die AfD nun weiter hochzustufen. Schon vor einiger Zeit gab es einen Bericht darüber, dass der Verfassungsschutz an einem Gutachten zur Hochstufung des Status der AfD arbeiten könnte. Diese würde dann als „gesichert rechtsextrem“ kategorisiert werden.

Das Gericht hat bei der Entscheidung allerdings auch eine Einschränkung getätigt: Obwohl demokratiefeindliche Bestrebungen bei der AfD zu finden seien, so das Gericht, seien diese nicht so stark ausgeprägt, wie der Verfassungsschutz behauptet.

Wie die AfD nun vorgehen könnte

Wenig überraschend kündigte die Partei bereits an, diesen Rechtsstreit vor das nächst höhere Gericht zu bringen. AfD-Vize Peter Boehringer sah im Verfahren eine „ungenügende Sachverhaltsaufklärung“. Die AfD stellte nämlich während der Verhandlung zahlreiche Befangenheitsanträge gegen die Richter – diese wurden allesamt abgelehnt.

Obwohl eine Revision ausgeschlossen wurde, könnte die AfD nun gegen die Nichtzulassung eine Beschwerde innerhalb eines Monats einlegen. Die Beschwerde geht direkt an das OVG selbst, wenn dies die eigene Entscheidung allerdings nicht ändert, kann wiederum das Bundesverwaltungsgericht die Revision doch noch zulassen. Dazu müssen bestimmte Voraussetzungen existieren – würde eine Revision letztlich doch zugelassen werden, so würde dann das Bundesverwaltungsgericht wiederum das Urteil aus Münster prüfen.

Unsere Fragen an Euch:

  • Wie bewertet Ihr die Entscheidung des Gerichts?
  • Sollte die AfD weiter hochgestuft werden?
  • Denkt Ihr, dass die Partei mit einem weiteren Antrag gegen das Urteil Erfolg haben könnte?
  • Wie wird sich diese Entscheidung auf die Europawahl auswirken?
  • Geht die AfD zu unkritisch mit klar rechtsextremistischen Personen / Aussagen innerhalb der Partei um? Inwieweit verstärkt
  • Schwächt die Entscheidung Euer Vertrauen in den Rechtsstaat und seine Organe?

Wir freuen uns auf Eure Antworten!
Viele Grüße
Euer gutefrage Team

Quellen:
https://www.tagesschau.de/inland/innenpolitik/afd-ovg-verdachtsfall-100.html
https://www.tagesschau.de/inland/afd-verfassungsschutz-verdachtsfall-gerichtsurteil-100.html
https://www.zdf.de/nachrichten/politik/deutschland/afd-verfassungsschutz-oberverwaltungsgericht-urteil-100.html
https://www.zdf.de/nachrichten/politik/deutschland/afd-verfassungsschutz-gutachten-extremistisch-skepsis-100.html

Bild zu Frage
Ich finde die Entscheidung gut, da ... 70%
Ich finde die Entscheidung nicht gut, weil ... 24%
Ich habe eine andere Meinung und zwar ... 6%
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Meinung des Tages: Sollte man Bettlern mit Tieren Geld geben?

Vor allem junge Tiere üben oftmals eine gewisse Faszination auf uns Menschen aus. Grund dafür ist das Kindchenschema, das sowohl bei menschlichem als auch tierischem Nachwuchs wirkt. Und das wissen manche Betrüger auszunutzen...

Das Geschäft mit dem Mitleid

Kennt Ihr das auch? Ihr seid unterwegs und seht immer mal wieder Bedürftige mit Tieren vor dem Supermarkt, dem Einkaufszentrum, dem Bahnhof oder an der Straßenkreuzung. Wo organisierte Bettlerbanden früher gezielt Kinder eingesetzt haben, um von den Passanten ein paar Euro zu erbetteln, greifen zahlreiche Banden - da die Bettelei mit Kindern in den meisten Städten inzwischen strengstens untersagt ist - nun vermehrt auf Tiere zurück. Auch das Ausnutzen von Tieren für die Bettelei ist vielerorts verboten, wird von den Behörden in der Praxis allerdings weniger streng verfolgt.

Besonders hilflose Jungtiere oder alte Tiere in einem offensichtlich desolaten Zustand sollen dabei helfen, das Passantenherz für eine geringe Spende zu erweichen.

Ein perfides, aber lukratives Geschäftsmodell

In einigen Fällen werden die Tiere auf der Straße den Passanten sogar zum Kauf angeboten. Viele der aus Osteuropa stammenden Banden unterhalten Muttertiere in Ungarn, Polen, Rumänien oder Bulgarien als Gebärmaschinen, damit diese genügend Nachwuchs für die westeuropäischen Märkte produzieren können. Eine medizinische Versorgung der Mutter- und Jungtiere findet i.d.R. nicht statt. Ein Gros der Welpen stirbt nach kurzer Zeit oder kann nur mithilfe von teuren medizinischen Eingriffen gerettet werden.

Das Problem: Jedes "gerettete" Tier ermöglicht es den Banden, das Geschäft weiter zu beleben.

Schwarze Schafe auch unter Tierschutzorganisationen

Höchstwahrscheinlich befürworten die Meisten von uns Tierschutzmaßnahmen. Manch einer unterstützt ggf. sogar aktiv die ein oder andere Tierschutzorganisation, die häufig sehr gute und wichtige Arbeit leisten. Doch leider gibt es auch hier immer mal wieder das ein oder andere schwarze Schaf, das mit dem Elend von Hunden und Katzen Geld einnehmen möchte. Der Autor Stefan Loipfinger, der ein Buch zum Thema geschrieben hat, bezeichnet den Tierschutz als "Gelddruckmaschine". Deutsche spenden jährlich mehrere hundert Millionen Euro für den Tierschutz - besonders zur Weihnachtszeit. Und diese Spendebereitschaft wurde in der Vergangenheit von manchen Organisationen leider schamlos ausgenutzt. Zum Leidwesen aller Organisationen, die gewissenhaft arbeiten.

Grundsätzliches Misstrauen nicht ratsam

Doch was tun, wenn man Tieren wirklich aktiv helfen möchte? Wichtig ist vor allem, nicht allen Bettlern grundsätzlich zu misstrauen. Für einige Menschen auf der Straße ist das Tier oft der letzte und einzige Gefährte, weswegen sich viele Bettler sehr für ihr Tier einsetzen. Und auch der Großteil der Tierschutzorganisationen und -verbände verwaltet unsere Spendengelder korrekt und setzt diese dafür ein, (notleidenden) Tieren ein würdevolleres und besseres Leben zu ermöglichen.

Unsere Fragen an Euch:

  • Sollte man Bettlern mit Tieren Geld geben?
  • Wie können auf der Straße lebende Tiere anderweitig unterstützt werden?
  • Würdet Ihr ein Tier von der Straße "adoptieren"?
  • Engagiert Ihr Euch aktiv für den Tierschutz? Wie informiert Ihr Euch, ob die begünstigte Organisation ggf. seriös / unseriös ist?
  • Welche Maßnahmen können seriöse Tierschutzorganisationen unternehmen, um sich von unseriösen abzuheben?

Wir freuen uns auf Eure Antworten.

Viele Grüße

Euer gutefrage Team

Unsere heutige Meinung des Tages erfolgt erneut in Zusammenarbeit mit unserem Kooperationspartner Tierhilfe Fünfseenland e.V. Mit unserem Kooperationspartner haben wir in den letzten Wochen bereits ein paar spannende Fragen rund um das Thema Tierschutz gestellt, so z.B. die Frage nach einem Verbot von privaten Hobbyzuchten oder ob an Silvester für das Tierwohl auf Böller verzichtet werden sollte. Habt Ihr vielleicht eine Meinung zu diesen Themen? Dann seht auch dort gerne einmal vorbei! 🐱🐶

Quellen:

https://www.swr3.de/aktuell/nachrichten/hunde-bettler-organisierter-betrug-100.html

https://www.aktiontier.org/artikel/das-geschaeft-mit-dem-mitleid-so-wird-mit-tieren-gebettelt

https://www.spiegel.de/panorama/justiz/spendengelder-geschaefte-mit-dem-tierschutz-a-936696.html

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